Herrenberg & Gäu

Bildungsreihe Geld - Sprengstoff oder Kitt

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Geld ist Kitt und Sprengstoff – es braucht einen gerechten politischen Ordnungsrahmen!

Die Gemeinwohl-Ökonomie RG Herrenberg & Gäu lädt am 25.07.2020 im Klosterhof zum vierten und damit letzten Modul der 4 -teiligen Bildungsreihe „Geld – Kitt oder Sprengstoff?“ ein.

Ulrike Niethammer, die Initiatorin der 4-teilgen Bildungsreihe, begrüßt Teilnehmende und den Referenten Günter Grzega, Vorstandvorsitzender a. D. Sparda Bank München eG., Mitherausgeber von Makroskop dem Magazin für Wirtschaftspolitik und Botschafter für die Gemeinwohl Ökonomie.

Als Rückblick und zum Einstieg werden die in Modul I bis III behandelten Themen wie z. B. die geschichtliche Entwicklung des Geldes, der Feststellung, dass Geld ein geistiges Konstrukt ist, über die Auswirkung von 0-Zins, Negativzins und positiven Zinsen auf Sparguthaben, der Erkenntnis, dass Einnahmen immer auch Ausgaben sind und dadurch das weltweite Nettogeldvermögen in der Summe immer Null ist und Vorsicht bei sogenanntem „Grünen Geld“ geboten ist, kompakt zusammen gefasst.

Einigermaßen verwirrt durch das Mysterium, dass Geld aus dem Nichts geschöpft wird, tauschen sich die Teilnehmenden aus aktuellem Anlass darüber aus, ob es rechtens ist, die Lufthansa AG mit staatlichen Geldern zu retten und versuchen gemeinsam zu erörtern, woher die Gelder zur Rettung stammen? G. Grzega als Ex-Banker und Experte in Geldfragen vertritt die Meinung, die Rettung der Lufthansa AG sei rechtens da unverschuldet, müsse aber unbedingt an politische Rahmenbedingungen wie den Erhalt und die Umgestaltung von Arbeitsplätzen, sowie verpflichtende Maßnahmen zu Umsetzung des Umweltschutzes und der Klimaziele geknüpft sein. Ein souveräner Staat kann durch die Herausgabe einer eigenen Währung niemals pleite gehen - im Gegensatz zur Schwäbischen Hausfrau. Die Bundesregierung ist in der privilegierten Lage, alle erforderlichen Gelder für Rettungsmaßnahmen über die EZB in grundsätzlich unbegrenztem Umfang zu schöpfen ohne dadurch zukünftige Generationen zu belasten.

Auch der Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard beschäftigt die Teilnehmenden, besonders die Frage, welche Mechanismen immer wieder zu Krisen in Wirtschaft und Finanzwelt führen? Als Hauptschwachstelle identifiziert G. Grzega die neoliberale Wirtschaftsideologie, den Zwang nach immer höheren Renditen um jeden Preis, wobei Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, während Gewinne ausschließlich einer privilegierten Geldelite zu Gute kommen. Durch fehlende staatliche Regulierungen hat sich die Finanzindustrie von der Realwirtschaft völlig abgekoppelt, ist durch technische Entwicklungen in der IT zu komplex geworden und auch von Analysten nicht mehr zu durchschauen. Erschwert wird die Überwachung von innovativen Finanzprodukten außerdem durch die Verstrickung von Beratungs- und Prüfungsorganen, sowie privater Ratingagenturen und durch die Gier nach hohen Renditen auf Seiten der Nachfrager.

Zur Frage wie ein Finanz- und Geldsystem umgestaltet werden muss, damit es wieder Menschen   dient und Lebensgrundlagen erhalten werden, fordert G. Grzega u.a. die sofortige Rückkehr zum Trennbankensystem, die Abschaffung von Boni- und Prämienzahlungen, ein Verbot der Beteiligung von Geschäftsbanken an Produkten von Investmentbanken sowie ein Verbot von Bankkrediten für Finanzmarktprodukte und den Verkauf von Kundenkrediten, Bonitätsbeurteilung durch die Finanzaufsicht anstatt durch private Ratingagenturen sowie die vollständige Einbeziehung der Fonds- und Vermögensverwaltungsgesellschaften wie  z. B. BlackRock unter die Finanzaufsicht, sowie die Ausstattung dieser mit ausreichend Personal und außerdem strenge Kartell-Regeln zur Begrenzung der Marktanteile von nationalen und internationalen Finanz- und Vermögensverwaltungsgesellschaften.

Die Teilnehmenden sind sich einig: In einer Demokratie ist es unverzichtbar die Funktionsweise des Geldsystems zu verstehen, um geldpolitische Maßnahmen wie z. B. die „schwarze Null“ hinterfragen zu können.  Die Bildungsreihe wird fortgesetzt mit der Erklärung der Modernen Geldtheorie MMT nach Randall Wray.

Ulrike Niethammer, Gemeinwohl Ökonomie Regionalgruppe Herrenberg & Gäu, 27.07.2020.