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"Unsere Gesellschaft braucht eine Veränderung unserer Wertemaßstäbe"

kronbichler-asmus.pngEva Asmus und Heinrich Kronbichler

 

Interview mit Heinrich Kronbichler, Vorstand der WBS TRAINING AG, und Vorstandsreferentin Eva Asmus zur Gemeinwohl-Bilanz des Unternehmens

Die WBS Training AG hat gerade ihre erste Gemeinwohl-Bilanz veröffentlicht und damit Transparenz zu wichtigen Fragen ihrer ethischen Unternehmensausrichtung, ihres ökologischen Verhaltens sowie zur Arbeitsplatzqualität und Gleichstellung geschaffen. Grund genug, mit Heinrich Kronbichler, Vorstand der WBS Training AG und Initiator des Bilanzierungsprozesses, und Vorstandsreferentin Eva Asmus, die den Prozess der Gemeinwohl-Bilanzierung verantwortet, ein Interview zu führen. Wir geben das Interview in einer leicht gekürzten Fassung wieder; hier ist das Interview in voller Gänze im PDF-Format verlinkt.

Wie sind Sie auf die Gemeinwohl-Ökonomie aufmerksam geworden?

Heinrich Kronbichler (HK): Wie auch schon in den Jahren zuvor hatte ich 2014 am Sommercamp des Zentrums für experimentelle Gesellschaftsgestaltung (ZEGG) teilgenommen. Dort wurde die Gemeinwohl-Ökonomie durch Christian Felber in einem sehr inspirierenden Workshop vorgestellt. Nach einigen persönlichen Gesprächen stand für mich schnell fest, dass ich mich mit meinem Unternehmen, der WBS TRAINING AG, der Gemeinwohl-Ökonomie anschließen möchte. Einige der GWÖ-Gedanken lebten wir ohnehin schon und zu anderen Themen wollte ich mich gerne weiter auseinandersetzen.

Was halten Sie von den grundlegenden Gedanken der Gemeinwohl-Ökonomie, auch denen zur Transformation unserer Wirtschaftsordnung?

HK: Es ist absolut notwendig, eine neue Wirtschaftsordnung und neue Formen des Zusammenarbeitens zu entwickeln. Alle gesellschaftlichen Bereiche, ob Politik, Wirtschaft oder jeder Einzelne in seinem persönlichen Umfeld, sollten diesem Thema höhere Priorität einräumen. Die Gemeinwohl-Ökonomie fasst viele konstruktive Ansätze zusammen und bietet eine vielversprechende und glaubwürdige Basis.

Was hat Sie dazu bewogen, eine Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen?

HK: Zunächst wollte ich selbst besser einschätzen können, wo wir mit der WBS TRAINING AG stehen. Wie gemeinwohlorientiert sind wir bisher tatsächlich? Und natürlich waren wir interessiert, unsere Entwicklungspotentiale zu erkennen und diese für weitere Verbesserungsschritte zu nutzen.

Was hat es Ihnen für Ihr Unternehmen gebracht, eine Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen?

HK: Durch die intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themenfeldern und Fragen zur Erstellung der GWÖ-Bilanz haben wir ein größeres Bewusstsein für gemeinwohlorientierte Themen geschaffen. Nicht nur die Ergebnisse, sondern auch bereits die Diskussionen und Recherchen zum Zusammentragen unserer Bilanzdaten haben eine stärkere Zuwendung zu nachhaltigen Themen bei vielen Beteiligten bewirkt.

Wie gehen Sie mit diesen Ergebnissen um? Welche Verbesserungspotenziale sehen Sie bei der WBS Training AG und wie setzen Sie sie um?

EA: Wir freuen uns über unser erstes Bilanzergebnis und sehen, dass wir auf einem guten Weg als gemeinwohlorientiertes Unternehmen sind. Natürlich gibt es auch verschiedene Themenfelder, in denen wir uns verbessern möchten. Wir führen beispielsweise bereits viele nachhaltig orientierte Initiativen und Aktionen durch, die aber bisher wenig institutionell verankert sind. Diese sollten wir stärker in unsere Unternehmensprozesse integrieren und für alle Mitarbeiter zu einer verbindlichen Orientierung werden lassen. Die konkreten Maßnahmen zur Umsetzung werden wir in kleinen Workshops mit den verantwortlichen Kollegen entwickeln.

 In welchen Themenfeldern ist die WBS Training AG bereits gut aufgestellt?

EA: Besonders hohe Punktzahlen haben wir in der Serviceorientierung gegenüber unseren Kunden erhalten. Wir führen sehr individuell ausgerichtete Beratungsgespräche mit den Bildungsinteressenten, um jeweils gut passende Weiterbildungen oder auch persönlich bedarfsgerechte Kombinationen von Kursmodulen zu finden. Aber auch während der Teilnahme an einer Weiterbildung werden unsere Kunden sehr umfassend betreut, sowohl durch die Trainer und zusätzliche Referenten in unserem virtuellen Klassenraum, als auch durch unsere Mitarbeiter an der jeweiligen Bildungsstätte vor Ort. Außerdem wurde uns eine Stärke in der Ausrichtung auf unser gesellschaftliches Umfeld bestätigt, zum Beispiel in Hinsicht auf unser soziales und ökologisches Engagement als Unternehmen, was natürlich durch viele einzelne Kollegen getragen wird.

Wie ist es Ihnen mit dem Prozess der Gemeinwohl-Bilanzierung ergangen? Was war gut? Welche Verbesserungspotenziale sehen Sie?

EA: Die Ansprüche und Maßstäbe der GWÖ für die Bilanzierung waren für uns alle Neuland. Daher haben wir uns externe Beratung beim Berliner GWÖ-Verein gesucht. Die Berater haben uns unterstützt, die richtigen Fragen zu stellen und natürlich waren ihre Erfahrungen bei der Selbstbewertung hilfreich. Um uns selbst einzuschätzen, fehlte uns zunächst das richtige Gefühl für die Maßstäbe, welche die GWÖ setzt bzw. Vergleichswerte aus anderen Unternehmen mit ähnlicher Größe und Komplexität wie die WBS. Durch den oft sehr kritischen Blick der Berater sind wir auf verschiedene unserer Stärken und Entwicklungspotentiale erst aufmerksam geworden.

Das Handbuch zur Erstellung einer GWÖ-Bilanz gibt je Indikator sehr weitreichende offene Fragen vor. Es fiel uns mitunter schwer, aus der Vielzahl von Informationen, die wir im Unternehmen zu den Fragen sammelten, die wirklich wesentlichen Punkte für den Bericht heraus zu filtern. … Für mich ist noch offen, wie wir eine gute Balance finden können um den verschiedenartigen Ansprüchen an den Bericht bei nächsten Mal noch besser gerecht zu werden.

Was sind die Vorhaben der WBS Training AG, um die Gemeinwohl-Orientierung Ihres Unternehmens weiter zu stärken?

EA: Wichtig ist das Verantwortungsgefühl jedes einzelnen Kollegen für ein nachhaltig orientiertes Handeln. Die Gemeinwohlorientierung muss von den Kollegen mitgetragen und gelebt werden. Die WBS TRAINING AG ist dabei, sich zu einem agil arbeitenden Unternehmen zu entwickeln. Dies bedeutet bspw. die stärkere Übernahme von Verantwortung und Eigeninitiative der Kollegen in ihren jeweiligen Bereichen. Durch weitreichende Gestaltungsspielräume und positive Reaktionen auf Eigeninitiativen entsteht der Freiraum, in dem Kollegen ihre eigenen gemeinwohlorientierten Ideen und Verbesserungen einbringen und umsetzen können. Parallel dazu möchten wir unsere Gemeinwohl-Gesinnung auch institutionell stärker verankern und den Kollegen als Orientierung geben.

Welche Rahmenbedingungen braucht es Ihrer Ansicht nach, damit Unternehmen mehr im Sinne des Gemeinwohls agieren können?

HK: Es braucht in unserer Gesellschaft eine Veränderung unserer Wertemaßstäbe. Die Umwelt, unser soziales Miteinander, die Lebensbedingungen von Tieren und die Zukunft unserer Erde müssen einen anderen Stellenwert erhalten. Wir sollten uns viel weniger von den Massenmedien beeinflussen lassen oder an Konkurrenzkämpfen in Politik und Wirtschaft orientieren. Vielmehr sollten wir uns wieder mehr an dem orientieren, was uns allen wirklich guttut und zu einem gesunden, bewussten und einvernehmlichen Leben mit unserer Umwelt beiträgt. …

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Die WBS Training AG (WBS) ist mit ihren rund 180 Standorten in ganz Deutschland einer der größten privaten Weiterbildungsanbieter in Deutschland. Die WBS Training AG erzielt einen jährlichen Umsatz von rund 85 Mio. Euro. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat circa 1.400 Trainerinnen und Trainer im regelmäßigen Einsatz. Vorstände der WBS TRAINING AG sind Heinrich Kronbichler und Joachim Giese.