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Weihnachten auf GWÖ-isch

WeihnachtenGWÖ.PNGQuelle: Daniela von Pfuhlstein

Fest des Kommerz, aufgesetzter Gemeinschaft und erstarrter Rituale - aus Sicht der GWÖ ist Weihnachten leicht zu kritisieren.

Ich versuche es einmal anders:

Den ältesten Kern von Weihnachten bilden zwei Erzählungen der Bibel – die anderen zwei Evangelien Markus und Johannes kommen ohne die Geburt von Jesus aus. Über Jesus` Geburt erzählen Lukas (Lk) 2, 1-20 und Matthäus (Mt) 2, 1-12.

Maria, die Mutter des neugeborenen Jesus, „wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“ (Lk 2,7): In den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft wurde Maria von der römischen Besatzungsmacht gezwungen, wegen einer Volkszählung über 150 Kilometer zu Fuß zu gehen. Sie musste Jesus in einem Viehstall gebären – an diesen Bruch der Menschenrechte und der Menschenwürde gegenüber den am meisten Verletzlichen erinnert die Weihnachtsgeschichte Jahr für Jahr.

Dennoch erfuhren Maria und ihr Kind Gerechtigkeit und Solidarität – von ihrem Verlobten Josef, obwohl das Kind vielleicht nicht von ihm ist (Mt 1, 18-25), von verachteten Hirten aus der Umgebung (Lk 2, 8-20) und von begüterten Sterndeutern, die sich auf einen langen, gefährlichen Weg machen (Mt. 2, 1-12).

Was damals kaum jemand bemerkte und sich erst nach und nach deuten ließ, zeigte sich für die  neutestamentlichen Autoren durch hellen Glanz (Lk 2, 9) und einen Stern, der die Sterndeuter über weite Strecken nach Bethlehem führte (Mt 2,2 und 9) – das Geschick von Mensch und Schöpfung war für sie eng verbunden: Ökologisches Denken, bevor Menschen begannen, sich über ihre Umwelt zu behaupten.

Dient diese weihnachtliche Geburt nun Gutem oder Bösem? Darüber lässt sich bis heute trefflich streiten. Wie damit jede und jeder einzelne umgeht, entscheidet offene Kommunikation, die Voraussetzung für Transparenz und Mitentscheidung. Gegen die Unterdrückung guter Botschaften aus Machtinteressen spielen in den Weihnachtserzählungen Träume und Engel eine große Rolle: Kommunikationsmittler, wo sonst keine Kommunikation möglich wäre. Zwischen Himmel und Erde, zwischen einem entfremdeten Paar, zwischen der Geburt im Stall, einheimischen Hirten aus dem Prekariat und Sterndeutern aus weit entfernten Königshöfen. Die Autoren dieser bahnbrechenden Bücher nannten ihre Bücher auf Griechisch „Euangelion“ – positive Botschaft. Und ließen offen, was diese Botschaft bei der einen  oder dem anderen anrührt.

Bendix Balke
Evangelischer Theologe und GWÖ-Aktivist