Herrenberg & Gäu

Wirtschaft neu denken

unternehmerabend.jpgInformationsabend für Unternehmen. Karl-Heinz Weiß begrüßt die Gäste

WIRTSCHAFT NEU DENKEN – Informationsabend für Unternehmen

Wirtschaft neu denken zu diesem Informationsabend haben die GWÖ-Regional Gruppe Herrenberg und das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Herrenberg am 09. Mai 2019 Unternehmen in den Klosterhof eingeladen.
Karl Heinz Weiss, Begründer der Herrenberger Regionalgruppe für Gemeinwohl-Ökonomie begrüßt die anwesenden Gäste und spricht Herrn Ralf Heinzelmann, dem Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Herrenberg seinen Dank aus. Die kostenfreie Nutzung der Räumlichkeiten im Klosterhof hätten der jungen Gemeinwohl Bewegung in Herrenberg einen erfolgreichen Start ermöglicht. Wirtschaft neu Denken, so Karl Heinz Weiss, bedeute Wirtschaftliches Handeln wieder auf den Menschen und den Erhalt seiner Lebensgrundlagen auszurichten und mit erzielten Gewinnen ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.

Herr Ralf Heinzelmann zitiert in seiner Ansprache Manfred Rommel: „ Die Summe aller Einzelinteressen erzeuge kein Gemeinwohl, sondern Chaos.“ Er begrüßt das strukturierte Konzept der Gemeinwohl Bewegung, weil dieses Instrument nachhaltiges Wirtschaften in Bezug auf alle Beteiligten, wie z.B. Lieferanten, Mitarbeitende, Kunden, Geldgeber und das gesellschaftliche Umfeld überprüfen und beurteilen würde. Nachhaltige Ökologie sei ihm ein besonders wichtiges Anliegen; so habe er als Wirtschaftsbeauftragter der Stadt Freudenstadt erleben können, wie „Nachhaltige Waldwirtschaft“ neben einer naturnahen Waldbewirtschaftung zur Steigerung der Stabilität und der ökologischen Vielfalt auch einen großen Gewinn als Naherholungsraum erziele.

Erster Referent des Abends ist Hans Jürgen Linsenmaier, Herausgeber und Chefredakteur des Magazins Wirtschaft und Ethik, sowie Gründer der Ethik Society, eine Gemeinschaft wirtschaftlicher Akteure mit dem Ziel, gesellschaftliche Gesamtverantwortung für sich zu erkennen, daraus ethische Zielsetzungen abzuleiten und konsequent danach zu handeln. Sein Motto lautet: „Pragmatische Ethik kann in jedem Betrieb funktionieren.“  So zeigt er an Hand von 7 Thesen auf, wie es Unternehmern gelingen kann, nachhaltiger und im Sinne der Gesellschaft zu wirtschaften.

  • These 1: Kunden und Mitarbeitende wünschen sich ehrliche Produkte und Transparenz.
  • These 2: Der Unternehmer entscheidet, was auf den Markt kommt und übernimmt dadurch eine Vorreiterrolle und gesellschaftliche Verantwortung.
  • These 3: Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie ermögliche eine hohe Reputation. Mit der  Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz könne im offenen Austausch der IST-Zustand des eigenen wirtschaftlichen Handelns aufgezeigt und daraus langfristig, nachhaltige, strategische Ziele abgeleitet werden.
  • These 4: Nachhaltigkeit ist eine Frage der Haltung und Werte. Dies spüren auch die Mitarbeitenden, was zu einer langfristigen Mitarbeiterbindung und einer hohen Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen führe.
  • These 5: Das Streben nach Gewinn ist wertfrei aber kein Selbstzweck.
  • These 6: Wir brauchen eine neue Elite, Unternehmer die als Vordenker gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.
  • These 7: Nachhaltiges Wirtschaften solle steuerlich entlastet und subventioniert werden, um eine nachhaltige Veränderung im wirtschaftlichen Handel zu ermöglichen und zu unterstützen.

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Felix Ziegenbein, Geschäftsführer der Heinz Ziegenbein GmbH & CO.KG in Schorndorf, hochspezialisierter Anbieter für Beschichtungen, Kaschierungen und Materialausrüstungen berichtet aus seinen Erfahrungen bei der Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz. Ehrbares Kaufmannstum, soziales Handeln und nachhaltiges Wirtschaften wurde in der 80 jährigen Geschichte der Heinz Ziegenbein GmbH & CO.KG schon immer gelebt. Die Erstellung der Gemeinwohl-Bilanz in einer Peergroup mit 2 weiteren Schorndorfer Unternehmen und die offene Auseinandersetzung habe ihm und seinem Bruder, technischer Leiter im familieneigenen Unternehmen, eine gemeinsame strategische Ausrichtung bewusst gemacht. „Gut leben heisst gut arbeiten. Das möchten wir für uns, unsere Mitarbeitenden, Lieferanten, Kunden und unsere Umwelt. Durch Respekt, Vertrauen und tatsächliche Eigenverantwortung setzen sich Menschen Ziele, die sie auch erreichen. Dadurch entsteht Zufriedenheit und Vertrauen in die eigene Leistung und Kreativität, alle Aufgaben zu meistern. So wollen wir leben und arbeiten. Was Sinn macht, macht auch Spaß und motiviert.“ Um das Bilanzierungsinstrument der Gemeinwohl Bewegung nachhaltig zu nutzen ist Felix Ziegenbein bestrebt es an das bestehende Qualitätsmanagementsystem anzukoppeln. Auf die Frage, wie umfangreich der Bilanzierungsprozess gewesen sei, werden ca. 90 – 100 Stunden genannt einschließlich der externen Überprüfung durch den Berater.

In der anschließenden Diskussion wird deutlich, dass das Erstellen der Gemeinwohlbilanz kein dogmatisches Abarbeiten ist. Die Gemeinwohl-Bilanz ist ein Steuerungsinstrument, dass die nachhaltige, ethische Ausrichtung eines Unternehmens aufzeigt und angeregt. Die Gemeinwohl-Ökonomie Bewegung ist auf gemeinwohl-fördernden Werten aufgebaut. Werte sind wertvoll und stiften Sinn über die rein finanzielle Gewinnerzielung hinaus. Sinn erzeugt Identifikation, Kreativität und Gemeinschaft als Veränderungshebel auf wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene.

Ulrike Niethammer, Regionalgruppe Herrenberg, im Vorstand Gemeinwohl-Ökonomie Baden- Württemberg e.V.